Informationsvermittlung - Schlafedukation
Ausbildung zum Experten in eigener Sache
Wenn Sie nicht mehr an die Worte ihres Arztes glauben: Nun nehmen Sie mal einfach dieses neue Medikament, dann werden Sie schon wieder schlafen"..........
Oder er an sich selber nicht glaubt (bzw. so mutig ist, seine Grenzen zu erkennen): "Ich weiß auch nicht mehr, wie ich Ihnen weiter helfen kann.....!"
Dann hilft alles nicht mehr: Sie müssen sich selber schlau machen (und ansonsten wären Sie ja wohl auch kaum auf dieser Seite gelandet, hmmm?) bzw.
Werden Sie zum Experten in eigener Sache!:
Grundlage jeder Therapie von chronischen Schlafstörungen ist eine gründliche Aufklärung und Information (Schlafedukation bzw. "Schlaferziehung") zu folgenden Themen:
- Wie sieht ein normaler, gesunder Schlaf aus?
- Wie ist der eigene Schlaf beschaffen?
- Welche Ursachen hat die eigene Schlafstörung?
1. Wie sieht ein normaler, gesunder Schlaf aus?
Viele Betroffene haben falsche und häufig auch angstbesetzte Vorstellungen über die Natur des normalen/gesunden Schlafes (z.B. "Wer nicht genug schläft, wird verrückt" oder "Zu einem gesunden Schlaf gehört es, nachts nicht aufzuwachen"). Nicht selten sind es solche Gedanken, die zu der Aufrechterhaltung der Schlafstörung selber mit beitragen (siehe Teufelskreislauf). Grundbestanteil jeder Therapie bzw. auch jeder Form von Selbsthilfe muss es daher sein, sich über den normalen, gesunden Schlaf informieren. Die wichtigsten Informationen zum Thema: Wie sieht eigentlich ein gesunder Schlaf aus" finden Sie unter dem Abschnitt "Schlaf allgemein" . Als Therapeut/Arzt sollte man dem Patienten an geeigneter Stelle im Gespräch aufklären und/oder auf entsprechende Broschüren/Bücher hinweisen.
Das Wissen über den normalen Schlaf ist zugleich die Vorraussetzung dafür, dass man als Betroffener einschätzen kann, welche Anteile des eigenen Schlafes "gesund" und welche "gestört" sind. Ein Beispiel: Viele Patienten beklagen, dass sie regelmäßig nach anderthalb Stunden bereits das erste Mal wach werden. Tatsächlich gehört aber dieses Aufwachen zu einem natürlichen, gesunden Schlafablauf dazu. (siehe "Schlafstadien und Schlafarchitektur").
Weiterhin stellt das Wissen über den normalen Schlaf auch die Grundlage für das Verständnis der Ursachen der eigenen Schlafstörung dar. Ein Beispiel: Gerade von älteren Patienten wird das kurze Einnicken vorm Fernseher am Abend nicht in Verbindung mit ihren Durchschlafproblemen gebracht. Tatsächlich kann aber ein "Minischlaf" am Abend, auch wenn er nur eine Minute dauert, erheblich den Nachtschlaf beeinträchtigen.
Schließlich ist das Wissen darüber, wie ein gesunder Schlaf funktioniert auch die Vorraussetzung dafür, dass man versteht, warum man bestimmte Verhaltenweisen ändern sollte, um den Schlaf zu verbessern. Ohne dieses Verständnis würde man sehr schnell am Sinn solcher häufig nicht leicht durchzuführenden Verhaltensänderungen zweifeln und sie dann nur halbherzig durchführen. Ein Beispiel: Eine generelle Empfehlung bei Schlafstörungen lautet, dass man regelmäßige Aufsteh- und Zubettgehzeiten einhalten sollte. Ohne das Verständnis über Schlaf als biologischen Rhythmus dürfte es tatsächlich sehr schwer fallen, auch am Sonntagmorgen zur gewohnten Zeit (z.B. 6:30 Uhr) schon das Bett zu verlassen.
2. Wie ist der eigene Schlaf beschaffen?
Wer unter Schlafstörungen leidet hat häufig das Gefühl, dass er überhaupt keinen Tiefschlaf mehr hat und nächtelang vollständig wach daliege. Die Schlafstörung wird als unkontrollierbar und unvorhersehbar erlebt und gerade in der Erinnerung neigt man dazu, das Ausmaß zu katastrophisieren. In der diagnostischen Phase vor der eigentlichen Therapie ist es daher wichtig, diese Wahrnehmungen und Einschätzungen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Dies kann mit folgenden Methoden erfolgen:
"a) Schlaftagebücher" : Nachdem man seine Schlafstörung in Bezug auf durchschnittliche Schlafdauer, Einschlafdauer, nächtliche Aufwachhäufigkeit und Wachliegezeit, Häufigkeit besonders schlechter Nächte pro Woche global aus der Erinnerung eingeschätzt hat (z.B. mit dem "Schlaffragebogen" unter "Fragebögen", führt man als nächstes zwei Wochen lang ein Schlaftagebuch. Berechnen Sie für Einschlafdauer, Aufwachhäufigkeit, nächtliche Wachliegezeit und Schlafdauer insgesamt jeweils Wochenmittelwerte. Anschließend sollten Sie die Ergebnisse der Schlaftagebücher wie folgt analysieren:
- Entsprechen die Globalschätzungen den Durchschnittswerten im Schlaftagebuch? Häufig zeigt sich, dass das Störungsausmaß in den Schlaftagebüchern geringer ist. Diese Diskrepanz zwischen Schlaftagebuch und Globalschätzung ist ein typischer "Erinnerungsfehler": In Bezug auf die Vergangenheit behalten wir schlechte und "katastrophale Nächte" wesentlich besser im Gedächtnis als die mittelmäßigen und wenigen guten Nächte. Diese verzerrte Wahrnehmung trägt aber weiter zu den Befürchtungen (z.B. "Wie soll das nur weitergehen", "Mit so wenig Schlaf kann man doch nicht leben")und damit zur Schlaflosigkeit bei (siehe "Teufelskreislauf Schlafstörung").
- Ausmaß der Vorhersagbarkeit: Anhand der Schlaftagebücher lässt sich oft aufzeigen, dass die Schlafstörung durchaus in einem Wechsel von mehr oder minder guten und schlechten Nächten auftritt (z.B. in der Form, dass es nach zwei bis maximal drei besonders schlechten Nächten immer eine Erholungsnacht mit etwas längerer Schlafdauer gibt). Diese Erholungsnächte sind ein wichtiger Hinweis dafür, dass gesunde Anteile in der Schlaf-Wach-Regulation nach wie vor funktionieren. Mehr zu solchen sog. "Reboundnächten" finden Sie im Kapitel "Schlafentzug".
- Ursächliche Faktoren: Nicht zuletzt können anhand der Schlaftagebücher "schlafhygienische Faktoren " (Liegedauer, Mittagsschlaf, Müdigkeit beim Zubettgehen, Alkohol, Wochenendeffekte ) überprüft werden.
b) Polysomnographie/ambulante Messungen (Quisi): Besteht die Möglichkeit einer entsprechenden apparativen Messung des Nachtschlafes, dann sollte das Ergebnis nach Möglichkeit detailliert durchgesprochen und erklärt werden. Scheuen Sie sich nicht ggf. dem Arzt entsprechende Fragen zu stellen. Empfehlenswert ist es, sich vorher bereits ein entsprechendes Wissen über die Schlafstruktur des gesunden Schlafes anzulesen (siehe: "Schlaf allgemein" ) Bei der Besprechung des eigenen Schlafprofils sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Welche Anteile des Schlafprofils sind gesund (Schlafstadienabfolge, Tiefschlafverteilung und Anteil, REM-Schlafverteilung und Anteil, Aufwachhäufigkeit etc.), welche sind deutlich gestört (Wachanteile, Schlafeffizienz, Weckreaktionen im EEG; organische Störfaktoren usw.).
- Wie hat man selber die Ableitungsnacht erlebt? Gibt es eine Diskrepanz zwischen der eigenen Einschätzung z.B. bzgl. Schlafdauer und der EEG-Messung?: Sehr häufig findet sich eine entsprechende "Wahrnehmungsdiskrepanz" z.B. in der Form dass die Einschlafdauer stark überschätzt und die Schlafdauer stark unterschätzt wird.
3. Welche Ursachen hat die eigene Schlafstörung:
Für die meisten Betroffenen sind die Ursachen der eigenen Schlafstörung vollkommen unerklärlich und wie alles Unerklärliche ("Mit mir stimmt irgendetwas nicht?!") bedrohlich. Es ist daher wichtig, sich sorgfältig klar zu machen, welche Faktoren zu der Schlafstörung beitragen. Bei den meisten chronischen Insomnien spielen Elemente eines Teufelskreislaufs eine wesentliche Rolle. Da alle nichtmedikamentösen Therapieformen auf diesem Störungsmodell beruhen, ist es besonders wichtig, sich sorgfältig mit diesem Erklärungsmodell zu beschäftigen. Lesen Sie also ruhig die Seiten "Teufelskreislauf Schlafstörung" mehrmals durch und notieren sich nach jedem Lesen Fragen und das, was Ihnen unklar geblieben ist. Überprüfen Sie, welche Anteile des Teufelskreislaufs auch auf Sie zutreffen. Stellen Sie sich hierfür folgende Fragen:
- Welche Gedanken haben Sie, wenn Sie zu Bett gehen?
- Gehen Sie gerne abends ins Bett.
- Was ist ihr erster Gedanke, wenn Sie nachts aufwachen und auf die Uhr gucken?
- Wie fühlen sie sich dann, wenn Sie solche Gedanken haben.
- Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, wenn Sie zu einer früheren Uhrzeit zu Bett gegangen sind
- Wie wirkt sich ein Mittagschlafs auf die Nacht aus (sofern Sie Mittags schlafen können)
- Wie wirkt sich ein kurzes Einnicken am Abend auf die Nacht aus
- Wie regelmäßig ist Ihre Zubettgeh- und Aufstehzeit
- usw.
Auch hier sollte es die Devise sein, sich wie ein Wissenschaftlicher in eigener Sache zu erforschen. Schlaftagebücher stellen auch hierbei ein unverzichtbares Instrument dar.