Wie lange und wie häufig soll man Schlafmittel nehmen?
Die sichere und therapeutisch wirkungsvolle Anwendung von Schlafmitteln hängt wesentlich von der Dauer, Dosierung und Einnahmehäufigkeit ab:
Generell gilt: So kurz wie möglich, so niedrig dosiert wie möglich, und keinesfalls abrupt absetzen
1. Dauer der Schlafmitteleinnahme:
Als vertretbar wird von verschiedenen Expertenkommissionen in aller Regel eine Dauer von 4-8 Wochen angesehen. Diese Empfehlung gilt vor allem für solche Patienten, bei denen keine andere organische oder psychiatrische Krankheit/Ursache vorliegt. Bei Schlafstörungen hingegen, die durch eine andere Krankheit (z.B. eine Schizophrenie oder eine schwere Depression) verursacht werden, kann durchaus eine mehrmonatige bis jahrelange Therapie mit Neuroleptika oder Antidepressiva angezeigt sein. Die folgenden Empfehlungen gelten daher in erster Linie für Patienten, bei denen keine organische oder psychiatrische Ursache vorliegt, und die mit Benzodiazepinen oder den Neuen Nichtbenzodiazepinen behandelt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin spricht folgende Empfehlungen aus:
Schlafmittelverordnung: Empfehlungen der DGSM (aus: Clarenbach et al., 1995): |
---|
Ist eine Insomnie unter initialer 14-tägiger Hypnotikaeinnahme gebessert, tritt nach korrektem Absetzen jedoch unverändert wieder auf, ist eine zweite 14-Tage-Periode der Therapie zulässig. |
Besteht die Insomnie nach erneutem Absetzen weiter, sind,nach einer neuropsychiatrischen Überprüfung der Diagnose, nichtmedikamentöse Verfahren (z.B. Schlafhygiene) oder Medikamente anderer Substanzklassen indiziert. |
Sind solche Therapieformen contraindiziert oder erweisen sich als ineffektiv, kann eine tägliche Medikation mit Benzodiazepinen unter folgenden Bedingungen im 2-Wochen Takt für längstens 6 Monate verordnet werden: Ausschluss von Abhängigkeiten, Ausschluss einer reinen "Reboundinsomnie", Ausschluss einer kausal behandelbaren Insomnie (z.B. bei Depressionen), erhebliche Tagesbeeinträchtigung durch die Folgen der Insomnie, Diagnose eines chronischen Schlafdefizits (z.B. mittels der Schlaftagebücher), Überprüfung der Indikation und z.B. Versuch einer Intervalltherapie. |
Bleibt die Insomnie während und trotz der täglichen Einnahme von Medikamenten therapieresistent, gelten folgende ergänzende Empfehlungen:
|
Die Empfehlung, Schlafmittel nicht über längere Zeit zu nehmen, beruht auf folgenden Überlegungen:
- Zu einer guten Therapie gehört der Grundsatz, dass man einen chronischen Medikamentenkonsum vermeiden sollte.
- Mit zunehmender Dauer steigt das Risiko einer Medikamentenabhängigkeit, wobei dieses Risiko von den Experten insgesamt als eher niedrig eingeschätzt wird.
- Die Wirksamkeit von Schlafmitteln über einen langen Zeitraum ist nicht nachgewiesen. Häufig kommt es zu Wirkungsverlust.
Ausnahmen/Vorraussetzungen für eine Langzeitbehandlung:
In Ausnahmefällen ist eine Behandlung mit Schlafmitteln über einen wesentlich längeren Zeitraum notwendig. Vorraussetzungen hierfür sind:
- Es liegt eine chronische, schon seit mehreren Monaten andauernde Schlafstörung vor.
- Der Patient ist durch die Schlafstörung erheblich beeinträchtigt und leidet stark darunter.
- Behandelbare Ursache konnten durch einen in Schlafmedizin erfahrenen Arzt nicht festgestellt werden.
- Es sind bereits mindestens zweimal erfolglos alternative Behandlungsverfahren durchgeführt worden.
- Der Schlaf ist erheblich gestört (Nachweis durch eine Untersuchung im Schlaflabor)
- Der Patient hat in der Vergangenheit bei Schlafmitteln keinen Wirkungsverlust erlebt und/oder die Dosis nicht gesteigert.
- Bei Absetzversuchen kommt es über den Zeitraum der Absetzinsomnie hinaus zu einem Wiederauftreten der Schlafstörung.
Bei älteren Patienten, die Benzodiazepine schon über einen langen Zeitraum in der normalen Dosis nehmen und damit gute Therapieerfolge haben, ist ein ausschleichendes Absetzen der Schlafmittel nur in zwingenden Fällen erforderlich.
In der Praxis werden nach wie vor häufig Schlafmittel über längere Zeiträume verschrieben, ohne dass diese Vorraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere die Anwendung alternativer, nichtmedikamentöser Behandlungsverfahren unterbleibt oder wird in einer nicht angemessenen Form durchgeführt (z.B. nur die Empfehlung, einen Entspannungskurs bei der Volkshochschule zu belegen), weil es in Deutschland bislang an Therapeuten mangelt, die in solchen nichtmedikamentösen Therapietechniken hinreichend ausgebildet sind.
2. Häufigkeit der Schlafmitteleinnahme/Behandlungskonzepte
Eine länger andauernde kontinuierliche Behandlung mit Schlafmitteln unterliegt immer der Gefahr, dass das Medikament an Wirkung verliert und es zu einer Abhängigkeit kommt. Diesen Risiken kann durch verschiedene Behandlungskonzepte vorgebeugt werden:
A) Bedarfstherapie:
In diesem Fall wird das Schlafmittel nur dann genommen, wenn es gebraucht wird. Vorraussetzung hier für ist, dass die Schlafstörungen nur gelegentlich auftreten (z.B. immer vor Reisen, besonderen Anlässen) und/oder vorhersehbar ist, dass die Schlafstörung von selbst vorübergehen wird (z.B. Schlafstörungen während einer längeren, aber zeitlich absehbaren Stressperiode).
Vorteil: Der Patient selber entscheidet aktiv, wann er eine medikamentöse Hilfe braucht.
Nachteil: Die Gefahr wird verstärkt, dass der Patient "lernt", bestimmte Situationen nur mit Hilfe eines Medikamentes zu bewältigen und er damit das Vertrauen in die eigenen Kräfte (die sog. Selbstkompetenz) verliert.
B) Intervalltherapie:
Hier wird das Medikament regelmäßig täglich für maximal vier Wochen eingenommen und dann ausschleichend abgesetzt. Nach mehreren medikamentenfreien Wochen kann es bei Bedarf wieder für ein festes Intervall genommen werden. Studien zeigen, dass nach Ausschleichen des Medikamentes Schlafstörungen weiter vermindert sind. Ein Wirkungsverlust wird vermieden. Problematisch dürfte eine Intervalltherapie sein, wenn während des medikamentenfreien Intervalls keine alternativen Therapiemethoden eingesetzt werden.
C) Kontrollierte Bedarfsintervalltherapie:
Hier darf das Medikament nur 2-3 mal pro Woche eingenommen werden. Es wird jeweils zu Wochenbeginn festgelegt, an welchen Abenden das Schlafmittel eingenommen werden darf. Je nach Erfordernissen des Patienten sollte entschieden werden, ob diese Abende von ihm frei wählbar sind (gleicher Nachteil wie bei der Bedarfstherapie) oder ob man stattdessen besser ein festes Standardintervall wählt (z.B. jede 3. Nacht), wobei der Patient in diesem Fall das Mittel nur dann zu dem festen Termin nimmt, wenn er tatsächlich Einschlafprobleme hat.
Diese Form der intermittierenden Medikamenteinnahme zeigt insbesondere dann gute Verbesserungen des Schlafes auf lange Sicht, wenn gleichzeitig der Patient geschult wird, ein nichtmedikamentöses Therapieverfahren parallel dazu anzuwenden.
D) Kombination von Schlafmitteln:
Bei Patienten mit ausgeprägten Spannungsgefühlen/Ängsten in den Abendstunden werden gelegentlich Kombinationen von mehreren Schlafmittelsubstanzen verwendet. 1-2 Stunden vor dem Schlafengehen wird durch ein niedrig dosiertes Antidepressivum oder Neuroleptikum der Schlaf quasi "vorbereitet" bzw. ein Abbau des Erregungsniveaus erreicht und unmittelbar vor dem Schlafengehen ein niedrig dosiertes kurzwirksames Benzodiazepin eingenommen. Bei länger andauernder Behandlung sollte das Benzodiazepin im Rahmen einer Intervalltherapie verabreicht werden.