Wann sind Medikamente sinnvoll?
Eine Schlafmitteltherapie ist bei allen Patienten sinnvoll, die unter ihrer Schlafstörung erheblich leiden und dringend einer Entlastung durch Verbesserung des Schlafes bedürfen. Wichtig für den Patienten zu wissen ist:
Durch Schlafmittel wird die Schlafstörung nicht geheilt, sondern es werden nur (meist auch nur vorübergehend) die Symptome beseitigt! Eine dauerhafte Langzeittherapie ist nur in Ausnahmen und unter Beachtung spezieller Behandlungsstrategien sinnvoll (siehe: Häufigkeit und Dauer der Einnahme).
Bei der Frage, ob man zu einem Medikament greifen soll, spielt die Dauer der Schlafstörung sowie die genaue Diagnose eine wesentliche Rolle.
1. Akute oder chronische Schlafstörungen?
Bei akuten, d.h. erst seit kurzer Zeit andauernden Schlafstörungen, die als Folge eines Stressfaktors auftreten (Beruf, Familie, Krankheit) sind Schlafmittel eine sinnvolle, wichtige Therapie bei solchen Patienten, die durch die Schlafstörung eine erhebliche Belastung und Beeinträchtigung erfahren. Schlafmittel führen in diesem Fall zu einer schnellen Entlastung des Patienten, der Schlaf verbessert sich durch das Medikament, einer Verselbständigung (siehe Teufelskreislauf) wird vorgebeugt.
Wichtig: Die Schlafmitteleinnahme sollte nur zeitlich begrenzt erfolgen (wenige Wochen) und der Patient sollte auf die vorübergehende Verschlechterung des Schlafes nach Ausschleichen des Medikamentes vorbereitet werden. Gleichzeitig sollten mit ihm gegen Ende der medikamentösen Therapie ggf. stützende nichtmedikamentöse Hilfen besprochen werden.
Beispiele für akute Schlafstörungen, bei denen eine vorübergehende Einnahme von Schlafmitteln sinnvoll ist:
- Frau K. kann seit dem Tod ihres Mannes vor zwei Wochen nicht mehr richtig schlafen. Zusätzlich zu der kräftezehrenden Trauer, den zu erledigenden Formalitäten, der kompletten Umstellung ihres Lebens wird sie nun noch erheblich durch die Schlaflosigkeit belastet und beeinträchtigt.
- Bei Herrn A. kommt es unmittelbar nach der Diagnose eines Tumors zu heftigen Schlafstörungen über mehrere Tage. Nächtelang grübelt er über die Ungewissheit, ob es ein bösartiger oder gutartiger Tumor ist, die möglichen Konsequenzen, die bevorstehende Operation usw.
2. Chronische Schlafstörungen, bei denen eine deutliche Verselbständigung eingetreten ist (Primäre Insomnie, Psychophysiologische Insomnie):
In diesen Fällen sollte eine Schlafmitteltherapie wenn, dann nur in Kombination mit nichtmedikamentösen Therapieverfahren erfolgen!
3. Chronische Schlafstörungen, die eine Folge von länger andauernden organischen oder psychischen Krankheiten sind:
Hier können Schlafmittel die Behandlung der Grunderkrankung unterstützen, indem sie die akuten Leiden des Patienten verringern. Mit Besserung der Grunderkrankung (z.B. eines schmerzhaften Wirbelsäulenleidens) sollten die Schlafmittel wieder ausgeschlichen werden.
Handelt es sich bei der Grunderkrankung selber um eine chronische, schwer therapierbare Krankheit (z.B. fortschreitende rheumatische Beschwerden) sind die Richtlinien für eine Langzeittherapie mit Schlafmitteln (siehe: Häufigkeit und Dauer der Einnahme) zu beachten.
Generell gilt auch hier: Um einer Chronifizierung und Verselbständigung der Schlafstörung vorzubeugen, sollten mit dem Patienten zusammen schlafhygienische Maßnahmen besprochen werden.
4. Chronische Schlafstörungen, die bereits seit längerer Zeit mit Schlafmitteln erfolglos behandelt werden:
Da Schlafmittel früher sehr schnell und teilweise auch sehr lange verschrieben wurden, gibt es immer wieder Patienten, die bereits seit Jahren solche Mittel nehmen. Sehr häufig hat sich bei diesen Patienten eine Schlafmitteltoleranz (siehe: Vor- und Nachteile von Schlafmitteln) entwickelt und die Schlafstörung ist trotz der Schlafmittel zurückgekehrt. Bei diesen Patienten ist auf jeden Fall eine erneute gründliche Diagnostik durch einen Schlafexperten notwendig. Dabei sollten zum einen die Ursachen der Schlafstörung überprüft werden, zum anderen muss überlegt werden, wie dem Patienten durch eine Kombination aus ggf. anderen Medikamenten und nichtmedikamentösen Verfahren geholfen werden kann. Auf keinen Fall darf man die Schlafmittel abrupt absetzen.
5. Wann darf/soll man Schlafmittel nicht nehmen?:
Wegen ihrer Risiken und Nebenwirkungen sollte man Schlafmittel natürlich nur bei schweren Schlafstörungen nehmen. Darüber hinaus gibt es je nach Art und Menge des Schlafmittels eine Reihe von Kontraindikationen (Gegenanzeigen, d.h. in diesem Fall darf man das Mittel nicht nehmen). Genauere Informationen finden Sie hierzu unter "Vor- und Nachteile von Schlafmitteln". Zu den wichtigsten Kontraindikationen bei den klassischen Schlafmitteln (den sog. Benzodiazepinen) gehören:
- Es liegt eine Schlafapnoe oder eine Lungenkrankheit vor: Da Benzodiazepine die Atmung im Schlaf beeinträchtigen ("atemsuppressiv" wirken), kann die Schlafmittelwirkung für den Patienten gefährlich werden.
- Der Patient weist bereits in der Vorgeschichte eine Suchterkrankung auf: In diesem Fall besteht die erhöhte Gefahr einer Schlafmittelabhängigkeit bzw. auch eines Schlafmittelmissbrauchs.
- Alter des Patienten: Bei älteren Patienten bewirkt die muskelentspannende Wirkung dieser Schlafmittel eine erhöhte Sturzgefahr in der Nacht (z.B. beim Gang zur Toilette).