Tagesschläfrigkeit
Formen und Ursachen von Störungen mit vermehrter Tagesschläfrigkeit (sog. Hypersomnien)
Bitte beachten Sie: Schlafgestoert.de beschäftigt sich in erster Linie mit in- und Durchschlafproblemen. Die therapeutischen Empfehlungen (Medikamentöse Therapie /Nichtmedikamentöse Therapie) gelten ausschließlich für Insomnien, nicht aber für die in diesem Abschnitt beschriebenen Störungsbilder oder Mischformen. Aus diesem Grund ist die Beschreibung der folgenden Störungsbilder eher kurz gehalten. Genauere Hinweise finden sich zum Teil unter den entsprechenden Verweisen zu anderen Internetseiten.
Bei Hypersomnien handelt es sich in erster Linie nicht um Probleme, nachts ein- und durchzuschlafen, sondern um einen vermehrten Schlafdrang am Tage trotz ausreichender Schlafdauer. Es gibt allerdings häufig Mischformen, d.h. der Betroffene leidet sowohl an einer "Insomnie" (Ein- und Durchschlafstörungen), als auch an einer "Hypersomnie" (Vermehrte Tagesschläfrigkeit).
Tagesschläfrigkeit oder Tagesmüdigkeit?:
In der Schlafmedizin wird aus gutem Grund zwischen Schläfrigkeit und Müdigkeit unterschieden: Patienten mit Ein- und Durchschlafproblemen klagen nämlich selbstverständlich darüber, dass sie tagsüber müde seien - können aber häufig dennoch auch am Tage nicht schlafen. Schläfrigkeit meint hingegen die tatsächliche Fähigkeit, am Tage einzuschlafen bzw. die Unfähigkeit tagsüber wach zu bleiben. Von einer vermehrten Tagesschläfrigkeit spricht man also, wenn der Patient Probleme hat, sich tagsüber wach zu halten. Insbesondere in langweiligen, monotonen Situationen (z.B. beim Autofahren über längere Strecken oder beim Fernsehen) kann es dann zu einem ungewollten Einschlafen kommen.
Störungen, die mit Tagesschläfrigkeit einhergehen:
Ein Zuviel an Tagesschläfrigkeit kann unterschiedliche Ursachen haben. Die wichtigsten Krankheiten, die dieser Schläfrigkeit zugrunde liegen können sind:
- Störungen der Atmung im Schlaf (insbes. Schlafapnoe)
- Narkolepsie
- Periodische Bewegungen der Gliedmaßen
- Andere Ursachen
1. Störungen der Atmung im Schlaf
Zu den schlafbezogenen Atmungsstörungen zählen u.a.
- die obstruktive Schlafapnoe
- die zentrale Schlafapnoe
- die alveoläre Hyperventilation
- andere (Asthma, Chronische Bronchitis)
1a) Obstruktive Schlafapnoe:
Auch beim gesunden Menschen kommt es im Schlaf zu einer erheblichen Zunahme des Atemwegswiderstandes und gelegentlichen Atemaussetzern (besonders im REM-Schlaf). Weniger als 5 solcher Atemaussetzer pro Stunde geschlafener Zeit gelten als normal.
Bei ca. 3% der Bevölkerung liegen aber deutlich mehr als 5-10 solcher Atemstillstände pro Stunde im Schlaf vor. Man bezeichnet dies als "Apnoe". Von der Krankheit sind Männer acht Mal häufiger betroffen als Frauen. Die Krankheit zeigt sich zumeist erstmals zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.
Hauptmerkmale:
- Lautes, unregelmäßiges Schnarchen, häufig von Pausen unterbrochen, die von "explosionsartigem" Schnarchen beendet werden.
- Atemaussetzer beim Schlafen
- Schläfrigkeit am Tage, Ungewolltes Einschlafen besonders in monotonen Situationen
Weitere mögliche Merkmale:
- Unruhiger Schlaf, manchmal auch Schlafstörungen durch häufiges Aufwachen
- Kopfschmerzen am Morgen
- Mangelnde Leistungsfähigkeit/Konzentrationsvermögen
- Stimmung: gereizt-depressiv
- Deutliche Verschlechterung nach Alkoholkonsum
- Libidoverlust/Impotenz
- Nachtschweiß
Ursachen und Folgen:
Bei der Schlafapnoe kommt es zu einem teilweisen oder gänzlichem Stillstand der Atmung im Schlaf. Ursache ist zumeist ein Verschluss der oberen Atemwege im Bereich des Schlundes. Normalerweise wird hier der Atemweg durch Muskeln offen gehalten. Wenn diese Muskeln nicht die genügende Spannung besitzen, "kollabiert" der Atemweg (etwa so, als ob man an einem dünnwandigem Schlauch saugen würde). Die Folge: Man kann nicht einatmen, der Sauerstoffgehalt im Blut beginnt zu sinken - für das menschliche Gehirn eine äußerst bedrohliche Situation. Häufig kann man als Bettpartner beobachten, wie der Betroffene mit Brust- und Bauchmuskulatur "nach Luft pumpt". Atempausen können zwischen 10 sec und 1-2 Minuten dauern, bis der Körper es schafft, die Barriere im Schlund zu "sprengen". Damit verbunden ist das laute explosionsartige Aufschnarchen. Gleichzeitig schnellt der Herzschlag und Blutdruck in die Höhe. Der Betroffene wird für Sekunden wach - woran er sich aber in aller Regel nicht erinnert - bevor er wieder in den Schlaf sinkt, um häufig erneut in den nächsten Atemstillstand zu gleiten.
Die Folgen:
- Der Schlaf ist durch die häufigen mit den Apnoen einhergehenden Weckreaktionen zerstückelt. Tiefschlafstadien werden kaum erreicht. Die Schlaferholsamkeit ist nicht gewährleistet, selbst wenn der Betroffene 10 oder mehr Stunden schläft.
- Aufgrund der katastrophalen Schlafqualität kommt es am Tage zu einem so starken Schlafdruck, dass ein Einschlafen auch in gefährlichen Situationen wie z.B. beim Autofahren immer wahrscheinlicher wird.
- Der Patient gefährdet sich und andere!
- Aufgrund der mangelnden Schlaferholsamkeit ist die Stimmung und Leistungsfähigkeit am Tage stark beeinträchtigt.
- Längere Atempausen in der Nacht führen zu einem Absterben von Nervenzellen - langfristige Folge: die intellektuelle Leistungsfähigkeit nimmt ab (etwa ähnlich, als wenn man jede Nacht im Vollrausch verbringen würde)
- Die Atemstillstände und die dadurch ausgelösten Weckreaktionen sind "Gift" für das Herz-Kreislauf-System: Bluthochdruck und Herzschäden gehören zu den Folgen.
- Insgesamt führt die Schlafapnoe unbehandelt zu einer starken Verkürzung der Lebenserwartung!
Diagnose:
Die Diagnose einer Schlafapnoe kann durch niedergelassene Lungenfachärzte mit einem ambulanten Gerät überprüft werden, welches der Patient für eine Nacht mit nach Hause bekommt. Wo Sie in Ihrer Nähe einen Arzt finden, der über ein solches Diagnosegerägt verfügt, erfahren Sie auf folgender Webadresse: Niedergelassene Arztpraxen, die über ein Gerät zur Schlafapnoediagnostik verfügen: www.bsd-web.de/screeningpraxen.html .Bei sicherem Schlafapnoeverdacht ist in jedem Fall aber eine vollständige Schlaflaborableitung notwendig.
Therapie:
- Apparative Therapie/nCPAP:
Die wirksamste Therapie der Schlafapnoe ist die sog. "nasale kontinuierliche Atemwegsüberdruckbehandlung" (nCPAP). Bei dieser Therapie trägt der Patient nachts eine Maske auf der Nase, über die ein steter Luftdruck zugeführt wird, der den Luftweg offen hält. Am Anfang ist eine solche Maske, die als Dauertherapie jede Nacht getragen werden muss, sicherlich gewöhnungsbedürftig. Gerade bei Patienten mit einer schweren Apnoe führt jedoch diese Art der Therapie zu einer erheblichen Verbesserung der Schlafstruktur, der Atmung im Schlaf und damit der Lebensqualität und Lebenserwartung.
Neben der nCPAP-Maske, bei der kontinuierlich ein Luftdruck aufrecht erhalten wird, verwendet man bei speziellen nächtlichen Atmungsstörungen wie z.B. dem zentralen Schlaf-Apnoe-Syndrom nBiPAP-Masken, bei denen der Druck bei der Ausatmung geringer ist als bei der Einatmung. BiPAP-Masken können auch hilfreich sein, wenn ein Patient mit nCPAP-Maske wegen zu hohem Druck (z.B. über 12mBar) Schwierigkeiten hat, mit der Maske normal zu atmen.
Andere therapeutische Verfahren:
- Medikamente: sog. retardiertes Theophyllin galt früher als medikamentöse Alternative bei leichteren Fällen. Nachteil: In den ersten Wochen kann Theophyllin zu Schlafstörungen führen, bis sich der Körper an die Substanz gewöhnt hat. Bei Patienten, bei denen die Atmung häufiger als 25x/Stunde in der Nacht aussetzt, reicht eine Therapie mit Theophyllin nicht aus. Da aber inzwischen auch bei leichteren Fällen die Wirkung als nicht ausreichend nachgewiesen beurteilt wird, gilt diese medikamentöse Therapie inzwischen als überholt.
- Operative Verfahren: Von Operationen im Bereich des Gaumens profitieren nur 3-10% der Patienten. Ein weiterer Nachteil: Die Operation kann dauerhaft Schlucken und Sprechen unter Umständen beeinträchtigen. Die Entscheidung für eine solche gravierende Maßnahme sollte daher nur durch einen in Schlafmedizin erfahrenen HNO-Arzt erfolgen!
- Zungen-Muskel-Training: Hier wird versucht durch ein passives Training mittel elektrischer Stimulation des Zungenmuskels diesen so zu stärken, dass er im Schlaf nicht mehr so weit nach hinten in den Schlund zurückrutscht und dadurch der Atemweg freier ist. Es gibt bislang zu wenig wissenschaftliche Belege, um das Verfahren zu empfehlen. Wenn ist es nur bei leichteren Störungsgraden möglich und auch nur dann, wenn der Halsumfang eine entsprechende externe Stimulation zuläßt
- Unterkiefervorverlagerung mittels Aufbissschienen: Durch eine Zahnschiene, die man nachts trägt, wird der Unterkiefer nach vorne gezogen, so dass im Rauchraum "mehr Platz" ist. Ist in erster Linie nur bei eher schlanken Patienten mit leichteren Atmungsstörungen effektiv. Nachteil des Verfahren ist, dass sich in der Folge Kiefergelenksschmerzen einstellen können.
- Rückenlageverhinderung: Bei einigen Patienten treten schlafbezogene Atmungsstörungen lageabhängig vor allem nur in Rückenlage auf. Ein Weste mit einem Schaumstoffkeil am Rücken, der nachts das Liegen auf dem Rücken verhindert, kann die Atemaussetzer um die Hälfte reduzieren.
- Fazit: Alternative Verfahren können nur in leichteren Einzelfällen eine wirkliche Alternative zur apparativen Therapie darstellen. Ein excellenter Fachartikel zum diesem Thema findet sich in der Zeitschrift Somnologie (Randerath W. et. al. Stellenwert der Nicht-nCPAP-Verfahren in der Therapie des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms. Somnologie 10: 67-98, 2006)
Was der Patient selber beachten sollte:
- Vermeidung von Alkohol: Alkohol (schon in geringer Dosis) kann die Häufigkeit und die Dauer der nächtlichen Atemstillstände verdoppeln!
- Ggf. Gewichtsreduktion
- Regelmäßige Schlaf-Wachzeiten
- Regelmäßiger Mittagsschlaf bzw Kurzschlaf am Tage
1b) Zentrale Schlafapnoe:
Bei der zentralen Schlafapnoe kommt es ähnlich wie bei der obstruktiven Schlafapnoe zu vermehrten Atempausen im Schlaf. Ursache ist jedoch nicht ein Verschluss des Luftweges, sondern ein Aussetzen des Atemimpulses vom Gehirn aus.
Leitsymptome:
- Schlafstörungen
- Erstickungsanfälle im Schlaf mit nächtlichem Erwachen
- Gelegentlich Tagesschläfrigkeit
- Depressionen
- Gedächtnisstörungen
Die Störung tritt häufig in Kombination mit der obstruktiven Schlafapnoe und periodischen Bewegungen im Schlaf auf.
Therapie:
Die Therapie erfolgt ähnlich wie bei der obstruktiven Schlafapnoe mit atemanregenden Medikamenten und/oder einer Atemmaske.
Zurück zur Übersicht:Störungen, die mit Tagesschläfrigkeit einhergehen1c) Alveoläre Hypoventilation:
Bei dieser Störung kommt es ähnlich wie bei der Schlafapnoe zu wiederholten Episoden mit flacher Atmung, dadurch ausgelöst einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff und Weckreaktionen. Die Leitsymptome am Tage sind ähnlich wie bei der Schlafapnoe.
Die Therapie erfolgt ähnlich wie bei der obstruktiven Schlafapnoe mit atemanregenden Medikamenten und oder einer Atemmaske.
Zurück zur Übersicht:Störungen, die mit Tagesschläfrigkeit einhergehen1d) Andere Ursachen:
Chronische Erkrankungen der Lunge (Asthma, Bronchitis) können die im Schlaf auch beim gesunden Menschen beeinträchtigte Atmung weiter erschweren und sowohl zu Durchschlafbeschwerden als auch erhöhter Tagesschläfrigkeit beitragen. In diesen Fällen ist immer eine genauere Diagnostik/Therapieempfehlung durch einen schlafmedizinisch erfahrenen Lungenfacharzt anzuraten.
Zurück zur Übersicht:Störungen, die mit Tagesschläfrigkeit einhergehen2. Narkolepsie:
Bei der Narkolepsie handelt es sich um eine seltene, in der Symptomatik aber schwerwiegende neurologische Störung.
Hauptsymptome:
- Erhöhte Tagesschläfrigkeit mit unbezwingbaren Einschlafattacken, die mehrfach am Tage auftreten können.
-
Kataplexien: Plötzlich auftretender Verlust der Muskelspannung entweder einzelner Muskeln (z.B. nur im Gesicht oder nur ein Arm) oder der gesamten Muskulatur (Betroffener sinkt zusammen, ist aber bei Bewusstsein).
Auslöser sind häufig Gefühle wie Freude, Angst, Schrecken, Erwartungsdruck usw. - Schlaflähmung: Als Schlaflähmung bezeichnet man das Phänomen, aufzuwachen, sich aber mehrere Minuten lang nicht bewegen und nicht sprechen zu können.
- Hypnagoge Halluzinationen: Lebhafte bildliche oder akustische traumähnliche Eindrücke beim Einschlafen
- Narkolepsien gehen häufig mit Schlafstörungen, insbes. häufigem Aufwachen, einher.
Ursachen:
Die Ursachen der Narkolepsie sind bisher weitgehend unbekannt.
Therapie:
Narkolepsie wird mit Medikamenten behandelt, die die Wachheit steigern. Zusätzlich werden mit dem Patient "Schlafpausen" am Tage und eine entsprechende "Schlafhygiene" geplant.
Genauere Informationen zur Narkolepsie finden sind auf folgenden Web-Seiten:
Deutsche Narkolepsie Gesellschaft e.V.
Schweitzer Narkolepsie Gesellschaft
Infos der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
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Die Information zu diesem nicht seltenen Störungsbild finden Sie unter: Formen und Ursachen von Ein- und Durchschlafstörungen
Zurück zur Übersicht:Störungen, die mit Tagesschläfrigkeit einhergehen4. Andere Ursachen:
Übermäßige Tagesschläfrigkeit kann ebenso wie andere Schlafstörungen die Folge einer zugrundeliegenden organischen und/oder psychiatrischen Krankheit oder auch einer anderen Schlafstörung selber sein. Eine gründliche allgemeinärztliche, ggf. internistische, ggf. neurologisch-psychiatrische Untersuchung ist daher unumgänglich.
Zurück zur Übersicht:Störungen, die mit Tagesschläfrigkeit einhergehenWeitere Informationen zum Thema Tagesschläfrigkeit finden Sie in dem Artikel Die Hypersomnien und das chronische Erschöpfungssyndrom von Michael H. Wiegand.